Als ich letzthin von meiner Veranda aus beobachtet habe, wie zwei junge Knaben auf dem Nachbarsgelände die Schwänze zweier Katzen zusammengebunden haben, bin ich sofort aufgestanden aus meinem Mahagony-Chippendale-Liegestuhl, stellte meinen Drink zurück in den Kühlschrank, gönnte meiner Havanna eine Pause im Aschenbecher und bin dann aber sofort zu den beiden Jungen hingegangen und habe mich entrüstet: "Ihr könnt doch nicht einfach die Schwänze der beiden Katzen zusammenbinden; stellt euch vor, ich würde das mit euch machen!" Die beiden Jungs kicherten und einer von beiden fragte mich dann grinsend, ob ich überhaupt so kleine Knüppelchen machen könne. Das ist die neue Welle der Kindheit: Naivzynismus pur!
Als meine Frau am letzten Sommertag am Pool neben dem Haus mit der Veranda sass und unsere Tochter sie immer nassspritzen wollte, so schimpfte meine Frau: "Wenn du immer so unartig bist, bekommst du mal Kinder, die auch so unartig sind!" Woraufhin unsere Tochter schlicht und einfach grinste und scharfzüngig antwortete: "Jetzt hast du dich aber verraten!". Und als meine Frau unverhofft ins Kinderzimmer trat und beim Umschauen zu unserer Tochter sagte: "Ich wünsche mir mehr Ordnung in diesem Zimmer!", entgegnete der kleine Teufel völlig entnervt: "Und ich wünsche mir weniger Mami in diesem Zimmer!!!"- Präpubertäre Chuzpe als neue tonangebende Mode!
Aber auch im TV sind die Hohnkinder am Werk, wenn sie live und ohne Zensurmöglichkeiten auftreten: In einer Kiddy-Fernsehshow, die von einem Mann und einer jungen Frau namens Jacqueline moderiert wurde, rief ein Junge an, um etwas zu gewinnen. Der Moderator suchte das Gespräch mit dem Jungen und wollte wissen, ob er denn eine Freundin habe. Der Junge antwortete, dass Mädchen doof seien, worauf ihn der Moderator in ein Gespräch verwickelte und schliesslich nachfragte: "Aber wenn du dir jetzt die Jacqueline anschaust, was gefällt dir denn an ihr am meisten?" Der Junge antwortete ohne zu zögern: "Ihre Titten!" - Das ist der Zeitgeschmack der Jugend: Blanker Sexismussarkasmus!
Wenn man heutzutage zu seinen Enkeln sagt, dass sie eines Tages das Haus mit der Veranda und dem Pool erben würden, dann sagen sie nicht etwa "Komm schon, Opi, du wirst uns noch lange erhalten bleiben..", sondern sie wenden die suggestive Fragestellung an: "Findest du nicht, heute wäre ein guter Tag, um zu sterben?" oder nach etlichen Enttäuschungen ist auch mal zu hören: "Das sagen sie immer - aber dann sterben sie nie!". - Der neue Teenie-Trend: Morbidsardonismus!
Kurzum erfuhr ich von einer demoskopischen Untersuchung mit der Frage: "Wo liegt der Unterschied zwischen den Erwachsenen und den Kindern?" Diese Frage wurde an Erwachsene und an Kinder gestellt, wobei die Antwort, welche bei den Erwachsenen am meisten gegeben wurde, lautete: "Kinder können keine Verantwortung tragen!" und bei den Kindern die häufigste Antwort war: "Die Erwachsenen können keinen Frieden machen."
In diesem Sinne: "Advantage for the kids!"